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Sommerzeit und Hunde im Auto vom 18.06.2016

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Beschreibung

Darf man ungestraft eine Autoscheibe einschlagen zur Rettung eines Hundes?


Leider passiert es immer wieder, dass Hunde im Auto zurückgelassen werden. Was viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass sich ein Auto bereits ab Temperaturen von 20 Grad sogar bei bewölkten Tagen auf bis zu 46 Grad im Wageninneren aufheizen kann. Bei Temperaturen um die 40 Grad kann sich das Wageninnere auf über 70 Grad aufheizen. Auch wenn sich der Wagen zum Zeitpunkt des Abstellens im Schatten befand, kann dieser wegen veränderter Sonnenposition innerhalb weniger Minuten der prallen Sonne ausgesetzt sein. Selbst wenn der Hundehalter seinen Vierbeiner nur wenige Minuten im Auto zurücklässt, kann der Wagen für ihn zur tödlichen Hitzefalle werden. Hunde können ihre Körpertemperatur im Wesentlichen nur über die Atmung regulieren und sind daher besonders hitzeempfindlich.


Was könnt Ihr also tun, wenn ihr einen Vierbeiner in einer solchen Notsituation vorfindet?  Darf man ungestraft eine Autoscheibe einschlagen zur Rettung eines Hundes?  Wie ist die Rechtlage in Deutschland?  Mir ist durchaus bewusst, dass fast jeder bei Bedarf sofort handeln würde. Natürlich solltet Ihr vorab schon umher fragen, ob der Eigentümer des Wagens greifbar ist. Sollte das nicht möglich sein, möchte ich an dieser Stelle die Rechtsgrundlage einmal beleuchten.


Das Wichtigste vorab: Ja, Ihr dürft sowohl in Deutschland, als auch in Österreich und in der Schweiz ungestraft eine Autoscheibe einschlagen, um einen Hund zu retten und müsst nur ein paar wichtige Punkte beachten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen.


Rechtslage in Deutschland zum Einschlagen einer Fensterscheibe des Autos


 


Wenn sich ein Mensch in einer solchen Notsituation befindet, wie zum Beispiel ein Säugling, der im Auto vergessen wurde, ist die Rechtslage klar. Ihr seid verpflichtet zu handeln, tut Ihr dies nicht, so macht Ihr Euch nach § 323 c (Strafgesetzbuch, unterlassene Hilfeleistung) strafbar. Die Rechtslage zur Rettung eines Hundes oder eines anderen Tieres ist inzwischen auch so geregelt, dass Ihr das Tier retten könnt, ohne belangt zu werden, wenn Ihr die wichtigsten Regeln beachtet.


Zunächst stellt das Einschlagen der Fensterscheibe eines fremden Autos eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB (Strafgesetzbuch) dar und kann auch zivilrechtlich nach § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geahndet werden.


Allerdings stehen dem zwei Gesetzte gegenüber, die das Einschlagen des Autofensters rechtfertigen:


Nach § 34 StGB, ist es Euch erlaubt, eine Gefahr auf „Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut“, worunter auch Tiere fallen, mit angemessenen Mitteln abzuwehren.


Der genaue Wortlaut des § 34 StGB (rechtfertigender Notstand):


„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“


Zivilrechtlich kommt Euch bei Eurem Einsatz das bürgerliche Gesetzbuch zu Hilfe. § 228 BGB (Notstand)


„Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet.“


 


Des Weiteren kommt ein Strafverfahren wegen des Tatbestands der Tierquälerei auf den Hundehalter zu. Dieses wird nach § 17 TierSchG (Tierschutzgesetz) als Straftat geahndet.



  • 17 TierSchG (Tierquälerei)


„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder 2. einem Wirbeltier a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt“.


 


Ihr müsst jedoch, falls es eine Gerichtsverhandlung gibt, beweisen, dass eine Notstandssituation vorlag und Euch keine milderen Mittel zur Verfügung standen, als das Autofenster einzuschlagen.


 


So rettet Ihr den Hund und verhaltet Euch gleichzeitig rechtskonform


Findet Ihr einen Hund in einer Notsituation im Auto vor, so müssen Ihr zunächst prüfen, ob Ihr den Hundehalter schnell ausfindig machen könnt. Dabei könnt Ihr zum Beispiel nach nahe gelegenen Läden Ausschau halten und dort nach dem Besitzer fragen. In nahe stehenden Wohnhäuser klingeln, Passanten ansprechen und um Hilfe bitten usw.


Ist der Besitzer nicht schnell zu ermitteln, dann ruft Ihr die Polizei.


Befindet sich der Hund in einer akuten lebensgefährlichen Lage, die es unmöglich macht, auf die Polizei zu warten, so dürft Ihr, nachdem Ihr den Notruf abgesetzt habt, den Hund selbst befreien. Dazu prüft  zunächst, ob vielleicht eine Tür geöffnet ist oder sich die Fenster durch einen geöffneten Schlitz öffnen lassen. Hat dies keinen Erfolg, so dürft Ihr ein Fenster einschlagen. Ihr solltet dabei ein Seitenfenster auswählen, um den Schaden am Wagen so gering wie möglich zu halten. Dokumentiert die Situation!  Sind Passanten in der Nähe, bitten sie, Euch als Zeugen beizustehen. Notiert deren Anschriften. Wenn möglich und wenn es die Zeit zulässt, macht Fotos, beziehungsweise einen kurzen Videoclip mit dem Smartphone von der Situation. Nun könnt Ihr die Scheibe einschlagen und den Hund aus seiner Notsituation befreien. Holt den Hund aus der Hitzezone und bietet ihm Wasser an. Ist er bewusstlos, benetzt seinen Rachenraum mit Wasser und dreht ihn in Seitenlage. Versucht, seinen Körper zu kühlen bis die Tierrettung eintrifft. Fangt dabei mit den Beinen an. Legt zum Beispiel kalte feuchte Tücher auf seine Beine und später auf den Körper und tauscht diese aus, sobald sie aufgeheizt sind. Falls keine Tücher zur Verfügung stehen, verwendet  kalte Gegenstände, die sie vorsichtig an seinen Körper halten.


 


Diese Checkliste fasst noch einmal die wesentlichen Punkte zusammen


 



  • Versucht, den Hundehalter zu ermitteln (zum Beispiel in umliegenden Läden fragen)

  • Ruft die Polizei

  • Erlaubt es der Zustand des Hundes nicht, das Eintreffen der Polizei abzuwarten, beginnt umgehend mit der Rettungsmaßnahme

  • Dokumentiert Euer Vorgehen; gewinnt Zeugen und macht, wenn möglich, Fotos von der Situation

  • Prüft, ob sich das Fahrzeug leicht öffnen lässt, wie zum Beispiel bei unverschlossenen Türen.

  • Schlagt möglichst ein Seitenfenster ein um den Schaden zu begrenzen

  • Befreit den Hund und führt die Rettungsmaßnahmen durch.